Expedition nach Haz —
die letzte Aufzeichnung

Die letzten Nächte in oder neben abgelegenen Hotels verbracht, überall präsent gewesen und nirgendwo erkannt, schlich sich das suchende Gefühl zu uns in die Lounge. Wir hatten gedacht, wir würden es diesmal abhängen können, aber weit gefehlt. Schnell noch ein paar Einkäufe erledigt, schließlich wusste man nicht, wie lang die Fahrt werden würde, kleinere Nachrichten und letzte Abmahnungen an Eltern und Verwandte verteilt, und an solche, die uns für „schneidige Hunde“ hielten.

Als wäre es ein Zeichen gewesen, stellte sich uns eine Reihe gefiederter Geschöpfe windschief in den Weg, doch kein Problem für Trucker Ray, der immer eine alternative Route kennt. Unser Ziel? Kaum bekannt, womöglich gar nicht gegenständlich, sondern eine planvoll betriebene archaische Illusion. Haz hingegen ist ein kleines Dörfchen, das bis zur Jahrhundertwende im Schatten der Globalisierung vor sich hin dümpelte, abseits aller neumodischer Dinge und völlig sich selbst überlassen. Unsere Motivation? Fakten sammeln, be- oder entlastende Informationen für das hiesige Presseorgan heranschaffen, das uns schon seit Jahren über geschickte Winkelzüge in die Enge zu treiben versuchte.

Überlange Reise, wir schossen durch Täler und fieberten mit bei den Ritterfestspielen, deren glitzernde Lanzen ich unterwegs zufällig im Rückspiegel ausmachte. Die Quittungen normgerecht für die Steuererklärung abgeheftet. Fernab jeglicher Heimat wurden solche Dinge jedoch unbedeutender. Der Truck mühte sich sichtlich ab, als Ray ihn über die morsche Hängebrücke balancierte. Geschafft, zur Belohnung ein Grillhähnchen aus dem Handschuhfach.

Der erste Tag im sonnig-staubigen Haz sollte für unseren Gitarristen Thrippey schon der letzte werden. Eine Eilmeldung per Telegraph erreichte ihn. Ob die plötzliche Erbschaft aus Nigeria nur ein geschickter Schachzug war und Thrippey das Bauernopfer — wir können nur spekulieren. Das Tauchabenteuer aber trübte es nicht. Wir fanden eine schillernde Welt voller exotischer Fische und im seichten Wellengang blau vibrierende Korallenriffe nur in den Reiseführern, uns hingegen bot sich ein verdreckter miefender Tümpel, von den Einheimischen „la múrr“ genannt, kaum zu glauben. In einer dunklen Ecke ein tristes Funkeln, eine antike Galeone — übersahen wir mit Absicht.

Phantombild der Fabrik (bei 440 nm).

Es musste etwas passieren, darin war man sich einig. Hastig integrierten wir uns in diese spröde Welt aus morbidem Hasch und Korbstühlen. Einige von uns wird man nicht mehr sehen. Ray ist nun zwielichtiger Bereichsleiter in der ortsansässigen Schleckriegelfabrik (Phantombild angehängt). Werde sehen, ob und wie ich ihn stürzen kann …

Gekocht am 27. April 2006.
Zuletzt aufgebraten am 28. April 2014.